Bibliothek im Eis: Ein Kulturelles Refugium in der Antarktis
Die „Bibliothek im Eis“ ist ein außergewöhnliches Kunstprojekt des Kölner Künstlers Lutz Fritsch, das 2005 in der Nähe der deutschen Forschungsstation Neumayer in der Antarktis initiiert wurde. Diese einzigartige Bibliothek dient als kultureller Rückzugsort und bietet den Wissenschaftlern der Station eine Quelle der Inspiration und Kontemplation in einer der abgelegensten Regionen der Erde.
Konzept und Entstehungsgeschichte
Die Idee für die Bibliothek entstand während Fritschs erster Expedition in die Antarktis 1994/1995. Beeindruckt von der weiten, kargen Landschaft und den extremen Bedingungen, wollte Fritsch einen Ort schaffen, der den Forschern nicht nur eine Pause vom wissenschaftlichen Alltag bietet, sondern auch Raum für Reflexion über Natur, Zivilisation und den Umgang mit Raum und Umwelt ermöglicht. Im Jahr 2005 wurde die Bibliothek schließlich Realität. Ein isolierter 20-Fuß-Container, dessen Wände in verschiedenen Grüntönen lackiert sind – eine Farbe, die in der weißen Eiswüste sonst nicht vorkommt – wurde auf dem Ekström-Schelfeis errichtet. Das Innere ist gemütlich eingerichtet mit Kirschholzregalen, einem Ledersofa und verschiedenen Lichtquellen, die eine behagliche Leseatmosphäre schaffen.
Sammlung und Nutzung
Die Bibliothek beherbergt etwa 700 Bücher, die von renommierten Künstlern, Autoren, Musikern und Wissenschaftlern gespendet wurden. Jeder Spender hinterlässt eine persönliche Widmung im Buch, was die Sammlung zu einer sehr intimen und bedeutungsvollen Zusammenstellung macht. Die Auswahl der Bücher und die Identität der Spender bleiben größtenteils ein Geheimnis, wodurch die Bibliothek für Außenstehende eine gewisse Mystik bewahrt.
Bedeutung und aktueller Stand
Seit ihrer Gründung hat sich die „Bibliothek im Eis“ zu einem festen Bestandteil der Neumayer-Station entwickelt. Bei der Eröffnung der neuen Neumayer-Station III im Jahr 2009 wurde auch die Bibliothek an den neuen Standort verlegt. Die Überwinterungsteams der Station nutzen die Bibliothek regelmäßig als Rückzugsort, und der jeweilige Stationsleiter fungiert gleichzeitig als Bibliothekar. Der 100 Meter lange Weg von der Station zur Bibliothek soll bewusst den Übergang von der wissenschaftlichen zur kulturellen Sphäre betonen.
Die „Bibliothek im Eis“ ist mehr als nur ein Kunstprojekt; sie ist ein lebendiger Teil des Alltags der Wissenschaftler in der Antarktis und symbolisiert den Dialog zwischen Kunst und Wissenschaft in einer der extremsten Umgebungen der Welt.